A C D E G H I J K M N O P R S T V W Z

Ásatrú

Ásatrú ist eine neuheidnische Religion, die die Verehrung der alten germanischen Götter wiederbelebt. Der Begriff stammt aus dem Altnordischen und bedeutet so viel wie „Treue zu den Asen“, wobei die Asen eine Gruppe von Göttern in der nordischen Mythologie darstellen, zu denen unter anderem Odin, Thor und Freyja gehören. Hier sind einige zentrale Aspekte von Ásatrú:

Ursprung und Entwicklung

Begrifflichkeit: Ásatrú ist eine Wortneuschöpfung, die im 19. Jahrhundert in Skandinavien entstand. Die Anhänger dieser Bewegung sehen sich oft nicht als neue Religion, sondern als Wiederbelebung alter Traditionen.

Moderne Praxis: Die moderne Ásatrú-Bewegung umfasst verschiedene Strömungen und Gemeinschaften, die sich auf die Kultur, Mythologie und Glaubenswelt der alten Germanen beziehen. Dabei wird häufig auf historische Texte wie die Edda zurückgegriffen.

Glaubensüberzeugungen

Polytheismus: Ásatrú ist in der Regel polytheistisch und verehrt ein Dutzend Götter aus der nordischen Mythologie. Die Beziehung zu den Göttern kann unterschiedlich interpretiert werden; einige Anhänger sehen sie als persönliche Wesenheiten, während andere sie eher als Symbole für Naturkräfte betrachten.

Rituale und Feste: Die Praktiken umfassen traditionelle Rituale wie Blót (Opferzeremonien) und die Feier von Jahreskreisfesten, die an bestimmte Götter oder Jahreszeiten gebunden sind.

Gemeinschaft und Organisation

Verschiedene Orden: Es gibt mehrere Organisationen innerhalb der Ásatrú-Bewegung, darunter das Ásatrúarfélagið in Island, das seit 1973 als Religionsgemeinschaft anerkannt ist. Diese Gemeinschaften können unterschiedliche Schwerpunkte und Philosophien haben, wobei viele eine inklusive Haltung gegenüber Mitgliedern aller Hintergründe betonen.

Gesellschaftliche Aspekte: In vielen modernen Ásatrú-Gemeinschaften wird Wert auf ethische Prinzipien wie Selbstverantwortung gelegt. Es gibt Bestrebungen, rassistische Ideologien abzulehnen und eine offene und respektvolle Gemeinschaft zu fördern. Ásatrú stellt eine lebendige Wiederbelebung der alten nordischen Glaubenssysteme dar, die sich in der modernen Welt neu interpretiert und praktiziert werden. Sie bietet ihren Anhängern nicht nur einen Zugang zu alten Traditionen, sondern auch eine Möglichkeit zur spirituellen Identität und Gemeinschaft in einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft.

Ásatrú und Heathenry

Ásatrú und Heathenry sind Begriffe, die oft synonym verwendet werden, um moderne religiöse Bewegungen zu beschreiben, die sich auf die alten germanischen Glaubenssysteme beziehen. Es gibt jedoch einige Unterschiede in ihrer Verwendung und Konnotation:

Begriffliche Unterschiede

  • Ásatrú: Dieser Begriff bezieht sich spezifisch auf die Verehrung der Asen, einer Gruppe von Göttern in der nordischen Mythologie, und ist oft mit einer stärkeren kulturellen Identität verbunden. Ásatrú wird häufig als eine spezifische Form des germanischen Neuheidentums betrachtet, die sich auf die Wiederbelebung der alten skandinavischen Traditionen konzentriert.
  • Heathenry: Dieser Begriff ist breiter gefasst und umfasst eine Vielzahl von Praktiken und Glaubensrichtungen innerhalb des modernen Heidentums. Heathenry kann sowohl Ásatrú als auch andere Strömungen des germanischen Neuheidentums beinhalten, ohne sich ausschließlich auf die Asen zu konzentrieren. Es wird oft als Überbegriff für alle Formen des germanischen Heidentums verwendet.

Kulturelle und ethnische Aspekte

  • Ásatrú: In vielen modernen Interpretationen von Ásatrú gibt es eine Diskussion über ethnische Zugehörigkeit, insbesondere im Hinblick auf die “folkish” (völkische) Strömung, die glaubt, dass nur Menschen mit germanischer Abstammung diese Religion authentisch praktizieren können. Dies kann zu Verbindungen mit rechtsextremen Ideologien führen, was in der modernen Praxis jedoch umstritten ist.
  • Heathenry: Im Gegensatz dazu wird Heathenry oft als inklusiver betrachtet und schließt Menschen unterschiedlicher ethnischer Hintergründe ein. Es gibt eine stärkere Betonung auf universelle Prinzipien und persönliche Erfahrungen, anstatt auf ethnische Identität.

Praktiken und Rituale

  • Rituale in Ásatrú: Die Rituale sind häufig stark an den alten Traditionen orientiert und beinhalten spezifische Zeremonien wie Blót (Opfer) und Sumbel (Trinksprüche). Die Praktiken können variieren, aber es gibt oft einen klaren Bezug zu den alten Mythen und Legenden.
  • Rituale in Heathenry: Heathenry kann eine breitere Palette von Praktiken umfassen, die nicht unbedingt an die alten Traditionen gebunden sind. Es können auch moderne Interpretationen und Anpassungen der Rituale stattfinden, die sich an zeitgenössischen spirituellen Bedürfnissen orientieren.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Ásatrú eine spezifische Ausprägung des germanischen Neuheidentums ist, die sich auf die Verehrung der Asen konzentriert und oft kulturelle Identität betont. Heathenry hingegen ist ein breiterer Begriff, der verschiedene Strömungen des Heidentums umfasst und tendenziell inklusiver ist. Beide Bewegungen teilen jedoch das Ziel, alte Traditionen wiederzubeleben und spirituelle Praktiken zu entwickeln, die in der modernen Welt relevant sind.

 

Ásatrú und Nationalsozialismus und Rechtsradikalismus

Die Beziehung von Ásatrú zu rechtsextremen Gruppen hat sich im Laufe der Jahre komplex entwickelt und ist von Spannungen und Abgrenzungen geprägt. Hier sind einige zentrale Punkte zu dieser Thematik:

Historische Verbindungen

Frühe Einflüsse: In den frühen Phasen der Wiederbelebung von Ásatrú im 19. und 20. Jahrhundert gab es Verbindungen zu völkischen und nationalistischen Bewegungen, die die germanische Mythologie und Kultur als Teil einer ethnischen Identität propagierten. Diese Strömungen wurden oft von rassistischen Ideologien durchzogen, die versuchten, eine “arische” Identität zu konstruieren.

Nationalsozialismus: Während des Nationalsozialismus wurden Elemente der germanischen Mythologie und Symbolik von der NS-Ideologie vereinnahmt. Dies führte dazu, dass viele Menschen Ásatrú und andere Formen des germanischen Heidentums mit rechtsextremen Ideologien in Verbindung brachten und immer noch bringen.

Aktuelle Entwicklungen

Abgrenzung von Rassismus: In den letzten Jahren haben viele Ásatrú-Gruppen aktiv versucht, sich von rechtsextremen und rassistischen Strömungen zu distanzieren. Es gibt Bestrebungen, rassistische Gruppen und Individuen innerhalb der Szene zu isolieren, um ein inklusiveres und offeneres Bild von Ásatrú zu fördern. Dies zeigt sich beispielsweise in den Bemühungen der Vereine “Eldaring” und „Nornirs Ætt“, die sich für Aufklärungsarbeit gegen rechtsextreme Einflussnahme einsetzen.

Strömungen innerhalb von Ásatrú: Innerhalb der Ásatrú-Bewegung existieren verschiedene Strömungen, die unterschiedliche Ansätze zur ethnischen Zugehörigkeit vertreten. Die “folkish” Strömung sieht eine Verbindung zur Religion als ausschließlich auf ethnischer Herkunft basierend an, während andere Strömungen einen kulturellen oder spirituellen Zugang betonen, der nicht an ethnische Kriterien gebunden ist.

Konflikte und Herausforderungen

Interne Konflikte: Die Abgrenzung von rechtsextremen Ideologien hat innerhalb der Ásatrú-Szene zu Konflikten geführt. Einige Gruppen haben Schwierigkeiten, sich klar gegen rassistische Ansichten abzugrenzen, während andere erfolgreich eine diversere und inklusivere Gemeinschaft fördern.

Öffentliche Wahrnehmung: Die Assoziation von Ásatrú mit rechtsextremen Gruppen hat auch Auswirkungen auf die öffentliche Wahrnehmung dieser Religion. Viele Anhänger sind bemüht, das Bild von Ásatrú als einer offenen und spirituellen Praxis zu fördern, die nicht mit extremistischen Ideologien in Verbindung steht.

Die Beziehung zwischen Ásatrú und rechtsextremen Gruppen ist geprägt von einer historischen Verstrickung sowie aktuellen Bemühungen um Abgrenzung und Reform. Während einige Strömungen weiterhin mit rassistischen Ideologien kämpfen, gibt es auch zahlreiche Initiativen innerhalb der Bewegung, die sich aktiv für ein inklusives und respektvolles Verständnis von Spiritualität einsetzen.

 

 

Ähnliche Einträge